Der Staat ahndet verkehrsrechtliche Verstöße mit einem Bußgeld, in schweren Fällen auch mit einer Strafe.
Diese Sanktionen sind retrospektiv; es geht allein um eine Ahndung oder Bestrafung für eine Tat in der Vergangenheit.
Das Verkehrszentralregister erfasst verkehrsrechtliche Verstöße mit Blick in die Zukunft.
Es geht um die präventive Abwehr zukünftiger Verkkehrsverstöße.
Ziel ist die präventive Gefahrenabwehr.
Das Werkzeug für diese Überwachung in in die Zukunft ist das sogenannte Punktesystem.
Die rechtskräftig verhängten Punkte werden beim Kraftfahrbundesamt in Flensbug gespeichert.
Bei höheren Punkteständen reagieren die Straßenverkehrsbehörden mit Hinweisen, Ermahnungen und Sanktionen, die zukünftige Verstöße vermeiden helfen sollen.
I. Das alte Recht (müssen Sie nicht mehr kennen, trotzdem kurz):
Bis zum 30/04/2014 galt das "alte" Punktesystem mit einer Punkteskala von 1 - 18 Punkten.
Straftaten wurden mit 7 - 5 Punkten bewertet.
Ordnungswidrigkeiten wurden mit 4 - 1 Punkten bewertet.
Die Tilgungsfrist betrug 10 - 5 Jahr (Straftaten) oder 2 Jahre (Ordnungswidrigkeiten)
Maßgeblich für den Fristbeginn der Tilgungsdauer war - leicht unterschiedlich - entweder das Datum eines Strafurteils, das Datum der richterlichen Unterschrift unter einen Strafbefehl oder die Rechtskraft des Bußgeldbeschiedes.
Bei Ansammlung von 8 - 13 Punkten erfolgte eine Information, eine gebührenpflichtige Verwarnung und der Hinweis, an einem freiwilligen Verkehrsseminar teilnehmen zu können, um bis zu 4 Punkte abzubauen.
Bei Ansammlung von 13 - 17 Punkten wurde die Teilnahme an einem Verkehsseminar angeordnet (kein Punkterabatt).
Bei Ansammlung von 18 Punkten wurde - zwingend - die Fahrerlaubnis entzogen.
Für die meisten Betroffenen unangenehm war die Hemmungswirkung neuer Ordnungswrigkeiten:
Die Eintragung einer zweiten oder dritten Ordnungswidrigkeit hemmte die Tilgung der früheren Eintragungen.
Die Tilungsfrist begann immer wieder (erst) neu mit dem Fristbeginn für die letzte Eintragung mit der Folge, dass
immer wieder von neuem eine 2-Jahres-Frist lief.
Immerhin: Nach 5 Jahren wurden Ordnungswidrigkeiten aber denn doch ohne Rücksicht auf die Hemmungswirkung späterer Verstöße gelöscht.
II. Das neue Recht:
Ab dem 01/05/2014 gilt neues Recht mit einer Punkteskala 1 - 8 Punkten.
Straftaten werden mit 3 - 2 Punkten bewertet.
Ordnungswidrigkeiten werden mit 2 - 1 Punkten bewertet, ausnahmsweise mit 0 Punkten bewertet.
Für den normal betroffenen Ordnungswidrigkeitensünder ist wichtig, dass das frühere System der Hemmung der Tilgung durch neue Eintragungen nicht mehr gilt. Stattdessen laufen fixe Tilgungsfristen, und zwar - das ist ebenfalls neu - einheitlich ab Rechtskraft des Bußgeldbescheides oder des Strafurteils (Strafbefehls).
Das ändert nichts daran, dass das neue System im Ergebnis deutlich schärfer ist.
Eine früher hier abgedruckte Übersicht zu dem Thema der Umrechnung alter Eintragungen auf die neue Rechtslage kann - nun, 2018 - weggelassen werden.
Jetzt gilt:
Punktestand neu 4 - 5 Ermahnung
Punktestand neu 6 - 7 Verwarnung
Punktestand neu 8 oder mehr Entziehung
Die Verteidigung von Verkehrsverstößen muss nicht mehr durchgehend, aber doch in Einzelfällen (Geschwindigkeitsverstöße 2 x > 25 km/h) die Vorverstöße und deren Rechtskraft im Auge haben.
Das Problem der Tilgungsfristen (Beginn und Hemmung aufgrund nachmaliger Verstöße)
hat sich vereinfacht, aber gilt nach wie vor:
Der erste Verstoß muss bekämpft werden mit der Chance, bei dem zweiten Verstoß mit "weißer Weste" (ohne Voreintragung im Flensburg) dazustehen.
Das - fast nur das - eröffnet die Möglichkeit des Gerichts, mit weiteren Argumenten der Verteidigung ein weiteres Mal Milde walten zu lassen, zu gut deutsch: das Bußgeld "unter die Punktegrenze" zu mindern.
Und Achtung:
Es gilt das Tat-Tag-Prinzip:
Gemäß § 4 Abs. 5 StVG hat die Führerscheinstelle den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:
- Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
- ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
- ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung und die Verwarnung enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4 a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der
Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen
wird.
Die Führerscheinstelle ist bei den Maßnahmen an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen auf
den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung (!) der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung
des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
- unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
- nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
- Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.
Für die Realisierung dieser Regeln gibt es beim Fahrerlaubnisregister die sog. Überliegefrist:
Die Punkte blebien 1 Jahr lang länger "aufbewahrt" Dadurch wird eben sichergestellt, dass
Taten, die Auswirkungen auf den Punktestand haben, auch dann noch zur Ermittlung des Gesamtpunktestandes herangezogen werden können, wenn die Speicherung im FAER erst nach Ablauf der Tilgungsfrist einer bereits gespeicherten punkterelevanten Entscheidung erfolgt.
In der Überliegefrist befindliche Entscheidungen dürfen nur an die zuständige Fahrerlaubnisbehörde zur Anordnung von Maßnahmen nach den Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe (§ 2a StVG) oder zur Ergreifung von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem (§ 4 Abs. 5 StVG) übermittelt werden.
Beantragt eine Privatperson eine Auskunft über sich selbst oder ein beauftragter Rechtsanwalt eine Auskunft über seine Mandantin beziehungsweise seinen Mandanten (Privatauskunft), werden auch die bereits in der Überliegefrist befindlichen Entscheidungen in die Auskunftserteilung einbezogen.
Wichtige neu gefasste Vorschriften zum Thema sind: § 4 StVG, § 28 StVG, § 29 StVG.